Leber-Chip zur Testung neuer Medikamente – eine Alternative zum Tierversuch?
Seit Jahrzehnten werden neue Medikamente in Tierversuchen getestet, um deren Sicherheit zu bewerten. Doch die Übertragbarkeit der Erg... | mehr
Leberblog
Was passiert, wenn ein Medikament mit dem Blutstrom in die Leber gelangt? Wie reagiert das Organ, wenn Teile bereits geschädigt sind oder der Wirkstoff nicht mehr richtig verstoffwechselt wird? Solche Fragen lassen sich mit Hilfe eines 3D-Computermodells deutlich präziser beantworten als bisher.
Die Leber ist eines der vielseitigsten Organe des Körpers: Sie reinigt das Blut, produziert lebenswichtige Eiweiße, speichert Vitamine und übernimmt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel vieler Medikamente. Etwa 90 Liter Blut pro Stunde durchströmen das Organ – eine enorme Leistung.
Um diese komplexen Vorgänge besser zu verstehen, haben Forschende vom Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen ein detailliertes virtuelles Modell einer Leber entwickelt – basierend auf 3D-Bilddaten einer Mäuseleber aus dem Computertomographen.
Bisher wurden Simulationen der Leberfunktion meist stark vereinfacht – das Organ galt als eine einheitliche Recheneinheit, eine sogenannte „Blackbox“. Das Modell der Forscher geht einen großen Schritt weiter:
„Auch wenn eine Mäuseleber aus Millionen Zellen besteht, ermöglicht unsere Modellierung dennoch realitätsnahe Berechnungen in vertretbarer Zeit“, erklärt MEVIS-Forscher Ole Schwen.
Ergänzt wird die Simulation durch biomedizinische Daten, die das Stoffwechselverhalten von Leberzellen beschreiben – etwa bei der Verarbeitung von Medikamenten oder Kontrastmitteln.
Das Computermodell erlaubt es, Blutflüsse und Stoffwechselprozesse im Inneren der Leber in Echtzeit am Bildschirm zu verfolgen:
Auch veränderte Leberzustände, etwa durch Fettlebererkrankungen oder toxische Schädigungen, lassen sich realitätsnah simulieren.
„Erstmals ist es möglich, den Stoffwechsel in der Leber nicht nur allgemein, sondern räumlich aufgelöst zu analysieren“, sagt Projektleiter Tobias Preusser.
Langfristig könnte das Modell nicht nur für die Forschung und Medikamentenentwicklung von Bedeutung sein, sondern auch für die individuelle Therapieplanung:
Die Forschenden sind zuversichtlich, dass sich das Modell künftig auch auf den menschlichen Organismus übertragen lässt – ein Schritt in Richtung personalisiertes Lebermodell.
Quellen:
Frauenhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS. Pressemitteilung Virtueller Blutfluss. https://www.mevis.fraunhofer.de/de/press-and-scicom/press-release/virtual-blood-flow—a-new-computer-technique-can-realistically-.html. (letzter Zugriff Mai 2025)
Bildquelle: © iStock